Trotzdem schreibe ich
eine Review, aber zu was? Bevor ich euch verrate worum es geht, möchte ich ein
kleinwenig Ausschweifen. Mit meinen 20 Jahren behaupte ich belesen zu sein.
Neben Faust und Woyzeck, welche gezwungenermaßen gelesen werden, schnappe ich mir
gerne mal ein Buch. Nun gut, Buch ist nicht immer korrekt. Meist ist es meine
PSP, die ich zum Fanfiction lesen zweckentfremde. So lese ich seit ca. 2007
Fanfiction und nebenbei immer mal einen Roman. Meine Ansprüche schraubten über
die Jahre in die Höhe, ohne selbst etwas zu schreiben. Denn ich weiß, dass mir
schreiben im Sinne von ausgearbeiteten und mitreißenden Geschichten nicht im
geringsten liegt. Mir fehlen sämtliche Kreativität und Geschick, eine
Geschichte und Charaktere ansprechend zu schreiben. Das soll aber nicht heißen,
dass ich nicht Kritik übe und Verbesserungsvorschläge gebe. In Folgendem soll
es nun um True Poisson (ja, es wird
so geschrieben) gehen. Es wird auf 75 Seiten erzählt, die in 18 Kapitel
unterteilt sind.
In True Poisson
begleiten wir einen Abschnitt aus dem Leben von Chloe McCartney, Natalie Evans,
Braydon Westerly und Irvine Keanes. Wir sehen sie an ihren Aufgaben scheitern
und wachsen; sie streiten untereinander und finden doch wieder zusammen und
dazu erschwert (und erleichtert) der Erfolg, der beiden jungen Männer das Leben
aller. Das klingt zwar nicht zwanghaft originell, aber ein gutgeschriebener
Text kann den schwachen Handlungsstrang kompensieren. Zumindest empfinde ich es
so. Ein kurz eingeworfenes Beispiel ist eine meiner Lieblingsfanfiction. Die Rahmenhandlung
ist nichts, was man nicht schon irgendwo gesehen hat: Die Protagonistinnen
haben ein lockeres „Arrangement“ bis beide, unabhängig voneinander merken, dass
sie sich eventuell doch mehr vorstellen können. Natürlich sagt keiner was, sie
landen in einer Teufelsspirale und versuchen im Verlauf der Geschichte
zumindest auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Wie gesagt, nichts Neues. Was
die Geschichte interessant gestaltet ist der angenehme Schreibstil, der sowohl
Umgebung und Handlung aller Akteure schön eingefangen hat, als auch die
Einblicke in Gedanken und Emotionen der Charaktere. Die Charaktere wirken
dadurch rund und ihre Handlungen sind nachvollziehbar.
Schaffte es True
Poisson ebenfalls in diese Kerbe zu schlagen? Nein. Weil es so ziemlich
alles falsch macht, was falsch gemacht werden kann und dabei nimmt es
verständlicherweise jeden nur erdenklichen Stereotyp mit. Aber um die
angesprochene Problematik nachvollziehen zu können müsst ihr einen Einblick in
die Handlung kommen. Achtung, es wird gleich die gesamte Geschichte kurz
zusammengefasst. Wer sich dieses Meisterwerk deutscher Lyrik dennoch durchlesen
möchte, findet hier einen Downloadlink.
Chloe McCartney -> neue
Schülerin an der Midogawa High -> kennenlernen
von Natalie Evans, Braydon Westerly und Irvines Keanes (rettet sie vorm Sturz
in einen Bach)-> Chloe
möchte sich bedanken ->Kuss
zwischen Irvine und Chloe->Interview
mit Irvine, wieso, weshalb und warum es zum Kuss kam-> Krisengespräch zwischen Chloe
und Irvine-> Krisengespräch
zwischen Natalie und Irvine in der Villa der Band-> Offenbarung:
Irvine ist in Chloe verliebt-> Treffen
zwischen Irvine und Chloe am selben Abend-> Sind
nun ein Paar; Problematik: Tour der Band von Braydon und Irvine->Währenddessen gesteht
Braydon Natalie seine Liebe-> Rückblick:
Erstes Treffen von Natalie und Braydon im VIP-Bereich nach einem Konzert-> Natalie schreibt einen Abschiedsbrief
an Braydon->Natalie
hat Surftraining, Chloe Volleyballtraining; wird später Kapitänin-> Braydon mit Band The Thunders auf Tournee-> Natalie verliert beim
Surfen das Gleichgewicht und stürzt-> Natalies
außerkörperliche Nahtoderfahrung-> Natalie
und Chloe ersteigern Karten für ein Konzert von The Thunders-> Entdecken
im Backstagebereich, dass Irvine Chloe betrügt-> Irvines
Versuch sich zu entschuldigen missglückt-> Nach
siegreichem Volleyballturnier taucht Irvine auf-> Braydon
und Natalie kommen nach einem Date zusammen-> Irvine
und Chloe sind erneut ein Paar-> die
beiden Mädels besuchen Chloes Mutter in Deutschland; die Jungs reisen kurz
daraufhin hinterher-> Drama
mit Irvine, weil sich Chloe die Haare schneiden und färben lässt-> fahren am Abend
gemeinsam zum Haus-> Drama,
aufgrund von Chloes nicht auftretenden Ex-Freunden-> Heiratsantrag von Irvine wird
angenommen-> Urlaub
endet-> The Thunders suchen
Backgroundsängerinnen-> Natalies
Eltern gehen ihrem Wunsch zum Militär zu gehen nach-> passt momentan nicht zu
Natalies Lebensstil-> Eltern
entscheiden sich sie nicht zum Militär zu schicken-> Chloe wird die neue
Backgroundsängerin-> Chloe
bekommt Hausarrest( hat sich nicht um die Schule gekümmert)-> Braydon lernt Natalies
Eltern kennen-> Braydon
muss ein Jahr nach Deutschland zur Schule (Uni?) gehen-> Abschied von Braydon-> neuer Song von The Thunders wird ein Hit-> Hausarrest wird
aufgehoben-> Braydon
betrügt Natalie mit einer deutschen Frau-> Abschlussball:
Natalie hat Attikus McDaimon (Deamon) als Date-> Chloe
wird Ballkönigin und Marc O'Conner Ballkönig-> nachdem
Chloe von Marc belästigt wurde, kommt es zur Schlägerei zwischen Irvine und
Marc-> Problematik
von Natalie und Braydon wird erneut aufgegriffen-> Hochzeitsvorbereitungen-> Irvine holt Braydon vom
Flughafen ab-> Braydon
und Natalie singen ein Duett-> Tag
der Hochzeit: Irvine taucht nicht in der Kirche auf-> Autounfall: Irvine bricht sich
das Genick-> Irgendwie
heiraten Chloe und Irvine im Krankenhaus-> Chloe
bekommt Irvines Vermögen-> erneut
kurzer Konflikt zwischen Natalie und Braydon-> Heiratsantrag
von Braydon-> Natalie
sagt „Ja“-> Natalie
gewinnt einen Surfwettbewerb-> danach
wird sie von Jack belästigt-> Chloe
geht zum Arzt-> sie
ist schwanger von Irvine-> Ende
(Gott sei Dank)
„Warum ist es denn so lieblos mit Folgepfeilen geschrieben?“
Weil mir berechtigter Weise die Idee, den Text in vollständigen Sätzen
nachzuerzählen aus dem Kopf geschlagen wurde. Selbst diese Art der Nacherzählung
gibt der Geschichte mehr Inhalt. Nicht überzeugt? Dann lest entweder weiter
oder klickt oben auf den Downloadlink. Ich bin ein unsagbar kritischer Mensch,
das wurde mir in letzter Zeit auch (wieder mal) oft genug „vorgehalten“, aber True Poisson macht so viel falsch, das
ich nicht mal weiß, wo genau ich anfangen soll. Satzbau und Grammatik?
Charaktere und deren Beziehungen? Dem Setting oder doch was ganz anderem?
Ah, ich hab’s: ich werfe kurz ein, was ich von Romanen,
Fanfiction und etc. erwarte. Fanfiction und ähnliches sollten relativ genau auf
Beschreibungen eingehen. Soll nicht heißen, dass nur eine Seite damit verbracht
werden soll einen Raum zu beschreiben. Es sollten Umgebung und Charaktere
ausreichend beschrieben werden, dass man sie sich vorstellen kann. Ebenso
bevorzuge ich es Gedankengänge der Protagonisten zu lesen. Neben diesen
Beschreibungen sind die Dialoge, oder eben ihr nicht vorhanden sein, wichtig.
Sie sollten ein gewisses Gewicht mit sich führen, sei es nur für die derzeitige
Situation. Meist lernen wir dabei was über die Charaktere. Sei es über die in
Art, in der sie sich ausdrücken oder mit der sie etwas sagen; man lernt etwas
über sie. Womit wir auch beim ersten
Kritikpunkt wären: Dem Schreibstil. Generell sehr subjektiv, weil jeder einen
anderen Stil bevorzugt. Der von True
Poisson ist jedoch… kann ich das irgendwie nett ausdrücken…? Der Satzbau
ist so unsagbar simpel und einfallslos, dass es einem unangenehm ist das zu
lesen. Dazu kommen ständige Wortwiederholungen, die definitiv nicht als
Stilmittel genutzt werden, sondern vielmehr weil sich der Autor einem sehr
kleinen Wortschatz bedient. Und natürlich Rechtschreibfehler. Mal einer ist
komplett vertretbar; zwei auch noch. Wir sind alle fehlbar und selbst wenn man
sich den Text zigmal durchliest: es werden Fehler übersehen. Allerdings stellte
ich mir beim Lesen bereits die Frage, ob das überhaupt Probe gelesen wurde. Die
Gesamtsituation verbessert sich nicht, wenn man erfährt, dass es einen Co-Autor
gab.
Dazu kommt, dass dem Leser Informationen verwehrt werden,
während anderes immer wieder aufs Neue erwähnt wird. Es wird immer wieder
erwähnt, dass
The Thunders die Lieblingsband von Natalie
und Chloe ist. Allerdings wird dem Leser erst in der zweiten Hälfte verraten,
wo die Geschichte spielt. Der Ort ist generell irrelevant, allerdings ist das
mit True Poisson etwas kurios. Die
Namen der Protagonisten stammen zweifellos aus dem englischsprachigen Raum, die
Namen der Schule (z.B. Midogawa High) scheinbar aus dem japanischen. Anfangs
dachte ich, dass das ganze Drama in Japan spielt und Chloe eine
Austauschschülerin ist. Schnell stellte sich heraus, dass die Geschichte nicht
in Japan spielt, allerdings wird auch keine Angabe gemacht wo es stattdessen
spielt. Doch dann ganz unverhofft findet man, nachdem die Suche nach der
Information schon längst aufgegeben war, heraus, dass es in den USA spielt.
Puh, ist die Frage auch geklärt. Ich frage mich dennoch, warum japanische Namen
für die Schulen gewählt wurden. Denn die japanische Kultur findet, außerhalb
der Namensvergabe, nicht ein einziges Mal Relevanz. Aber es wundert sich auch
keiner der Charaktere darüber.
Darüber hinaus weiß man nachdem Lesen nur das rudimentärste
über die Charaktere und deren Umfeld. Oder es werden Elemente eingebracht, die
keinerlei Nutzen nachgehen. Man erfährt relativ zu Beginn, dass Irvines Vater
der Klassenlehrer (oder sollte ich eher Homeroom teacher sagen?) von Chloe ist.
Das ist alles schön und gut, aber das wird nie wieder aufgegriffen. Aber er hat
wenigstens einen Vater. Chloe hat, wie Natalie beide Elternteile, aber die
haben so viel Charakter wie ein Blattpapier. Braydon hingegen hat scheinbar
keine Eltern mehr. Auch die Beziehung unter einander sind… interessant. Chloe
hat keinerlei Kontakt zu ihren alten Freunden, bevor sie zu ihrem Vater gezogen
ist. Nicht einmal. Dass das über den Verlauf nachlässt könnte ich
nachvollziehen, aber so gar keinen Kontakt. Wirklich? Sie hätte auch schon
Jahre dort leben können und dann auf magische Art und Weise Kontakt zu Natalie
und Co. aufgebaut. Hätte fast mehr Sinn gemacht. Zwar sind Chloe und Irvine
zusammen, jedoch lassen sich die beiden das kaum anmerken. Sie streiten,
trennen sich und planen zu heiraten, aber das ist auch schon alles. In den wenigstens
Absätzen vernimmt man, dass die beiden sich lieben. Sie schwärmen nicht mal
über ellenlange Absätze von einander. Nur wenn es „wichtig“ ist, sagen sie,
dass sie sich lieben.
Und das ist äußerst schade. Zwar bin ich kein Freund von
Kitsch, aber trotz alledem möchte ich als Leser mitbekommen, dass die beiden
zusammen sind. Und von Braydon und Natalie gar nicht erst anfangen. Zwar sind
sie über den größeren Teil der Geschichte zusammen, aber auch das geht unter
bis es relevant wird. Beispiel: Die Jungs sind doch tatsächlich mal auf
Tournee. Was schreibt man dann, um mit Drama die Geschichte zu würzen? Genau,
die Jungs betrügen die Mädels. Natürlich. Außerdem möchte ich hier einmal kurz
anmerken, dass die Herren der Schöpfung auch nur schwarz-weiß dargestellt
werden. Entweder sind sie die perfekten, also Die perfekten Freunde oder Die
Arschlöcher schlechthin. Ein wenig zwiegespalten behaupte ich. Aber immerhin
kann man die Sicht noch als schwarz-weiß bezeichnen. Die beiden Mädels
höchstens als eines der beiden. Ich tippe auf weiß; immerhin werden sie als die
armen, betrogenen Freundinnen dargestellt.
In dem Zusammenhang finde ich auch die Beziehung von Chloe
und Natalie ist amüsant. Auf der einen Seite sind sie beste Freundinnen (ihnen
bleibt auch nichts anderes übrig), auf der anderen Seite unterstützen sie sich
aber nicht. Als Irvine zum Beispiel kurz davor war Chloe zu betrügen und die
das mitbekommt sucht sie natürlich bei Natalie Unterstützung. Macht ja auch
Sinn. Aber während sich Chloe die Augen ausweint, kommen von Natalie super
aufbauende Kommentare nachdem „Ich hab’s dir doch gesagt“- Prinzip. Nun gut,
das hat sie auch, aber in der Situation tut das nicht Not.
Aber kurz einen Schritt zurück. Stereotypen und ein gewisses
Schubladendenken sind nicht schlecht. Sowohl Autor als auch Leser fühlen sich
sicher und mal aus dem Rahmen springen könnte gefährlich werden und nach hinten
losgehen. Aber ein wenig Abwechslung darf da rein. Man kann sowohl die Handlung
per se als auch die Handlung der Charaktere erahnen. Während des Lesens hatte
ich eine kleine, imaginäre Liste mit potenziellen „Handlungssträngen“. Also mit
allen noch so klischeehaften Handlungssträngen. Ein Punkt wurde nicht erfüllt,
aber quasi durch einen anderen wett gemacht.
In solchen Fällen erwarte ich auch keinen Madoka Magica Schachzug, der ganz simpel alles auf den Kopf stellt
und mit eben jenen Klischees spielt. Ein wenig mehr als die Erfüllung eben
jener wäre allerdings wünschenswert.
Kommen wir zur Musik. Ach ja, ist weder ein Anime noch ein
Videospiel. Aber Musik ist trotzdem etwas, dass ich ansprechen möchte. Das die
beiden Jungs in einer Band spielen wäre ein richtig guter Punkt geworden, wenn,
ja wenn er denn mal außerhalb von den „wichtigen“ Ereignissen vorgekommen wäre.
Die Jungs sitzen nicht mal ganz einfach irgendwo, spielen Gitarre und singen
dazu. Wenn ich The Thunders höre,
denke ich an eine Metal oder zumindest eine Rockband. Ja… ich wusste gar nicht,
dass Anette Louisan (das waren doch ihre Lyrics oder?) auch Metal singt. Ach
nein, macht sie ja gar nicht. Es werden, wenn ich mich recht entsinne, zweimal
Lyrics verwendet und das geht nicht im Ansatz in eine der eben genannten
Musikrichtungen. Gut, ich kann’s verstehen, wenn die Band einen Schritt zurückgeht als eine Backgroundsängerin gesucht
wird. Vorher war das scheinbar auch nicht das Wahre.
Aber das ist längst nicht alles. Es gibt da noch den Augenblick
als alle im Krankenhaus bei Irvine sind. So, irgendwie (es wird eben nicht
erwähnt) heiraten Chloe und Irvine noch. Einfach so. Das Beste an der Sache ist
allerdings die Tatsache, dass das erst erwähnt wird als sein ganzes Geld
irgendwem vererbt werden soll. Und dann, mit seinen drei Auftritten in der
Geschichte gibt der Vater von Irvine das gesamte Vermögen (wie viel auch immer
das genau war) an Chloe. „Er hätte es ja so gewollt.“ Ja. Ich denke, dass kann
man unkommentiert stehen lassen.
Aber was hat mich nun immer wieder zurückgeholt und mich
veranlasst dieses Meisterwerk bis zum bitteren Ende zu lesen. Ganz klar
amüsante Gespräche zwischendurch und zu Beginn die Hoffnung, dass es besser
wird als vermutet. Letzen Endes jedoch wollte ich nur noch wissen, ob alle
Klischees bedient werden. Nicht gerade eine Einstellung mit der man Lesen
sollte. Der Unterhaltungsfaktor ist äußerst hoch, wenn man sich jemanden
schnappt, der das ebenfalls liest und man mit einem sehr niedrigen
Erwartungswert an die Sache geht. Ansonsten wird man enttäuscht.
Ich hoffe nun, dass auch das Lesen sowohl von True Poisson
als auch von der Review ansatzweise so viel Spaß gemacht hat, wie mir das
Ausarbeiten des Textes. Idem Sinne wünsche ich einen schönen Tag.
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